Pfarrei Altdorf Mariä Heimsuchung und Kuratie Pfettrach/Arth
von Kirmaier
Pfarrer Dr. Josy Joseph referierte über seine Heimat und das dortige Christentum
Altdorf: „Ein Land voller Kontraste, Gegensätze und religiöser Vielfalt“ - so beschrieb Pfarrer Dr. Josy Joseph seine Heimat Indien bei dem Vortrag in der alten Nikola-Kirche. Zuvor hatte die Pfarrgemeinderats-Sprecherin Doris Westermeier die Besucher darauf eingestimmt, mit diesem Lichtbilder- und Info-Vertrag auf eine „große mediale Reise“ quer durch diesen faszinierenden Subkontinent mitgenommen zu werden.
Die Kirchensitzbänke reichten diesmal nicht für alle Vortragsbesucher aus, so dass spontan weitere Bestuhlungen herangeschafft werden mussten. Seinen Vortrag eröffnete der Geistliche zunächst mit der Einblendung von Statements der Bundeskanzlerin Angela Merkel, die kürzlich diesen auch für Deutschland wichtigen Handelspartner besucht hat. Mit rund 1,3 Milliarden leben dort dreimal so viele Menschen wie in der europäischen Gemeinschaft. Dazu verzeichne dieses Land derzeit eine große Entwicklungsdynamik beim technischen Fortschritt.
Trotz seiner ethnisch verschiedenen Völker und der unterschiedlichen Religionen fußt das Land auf Gemeinsamkeiten, die der unvergessene Mahatma Gandhi einst in der Staatsgründung verankert hat. Neben den zwei Hauptsprachen Hindi und Englisch sind weitere 17 Sprachen staatlich anerkannt. Dazu gebe es noch eine Vielzahl von Unions-Sprachen. Weiter habe, so Dr. Josy Joseph, jeder Bundesstaat seine Eigenart.
Bereits 3000 Jahre vor Christus bildeten sich in Indien die ältesten Kulturen und Zivilisationen. Bereits um 700 vor Christus wurde die erste Universität gegründet. Nach der Entdeckung des Seewegs nach Indien durch Vasco da Gama kamen die Europäer ins Land. Und dabei trat im Laufe der Zeit insbesondere England als die beherrschende Kolonialmacht auf. Während deren Herrschaft wurde, so der Pfarrer, das einst reiche Land ausgebeutet und dann 1947 verarmt in die Unabhängigkeit entlassen. Allein im zweiten Weltkrieg kämpften etwa zwei Millionen Inder als Soldaten an der Seite der Engländer.
Der Bildungsstand verbessert sich in Indien zwar laufend, aber das Analphabetentum ist noch immer groß. In seinem heimatlichen Bundesstaat Kerala können bereits 99 Prozent der Bürger Lesen und Schreiben, betonte der Priester, der aber auch darauf verwies, dass die Unionsstaats-Sprache „Malayalam“ mit 56 Buchstaben durchaus für die Europäer gewöhnungsbedürftig sei. Angesichts des vergleichsweise hohen Bildungsniveau in Kerala, zu dem die katholische Kirche maßgeblich beigetragen hat, hat dort das Christentum einen Bevölkerungsanteil von rund 20 Prozent. In ganz Indien sind nur 2,3 Prozent Christen, 83 Prozent Hindus und der Rest verteilt sich auf andere Religionen.
Das Christentum in Kerala ist auf den um das Jahr 52 ankommenden Apostel Thomas zurückzuführen, berichtete der Geistliche. Bereits im dritten Jahrhundert sind dort die ersten Kirchengemeinden mit den sogenannten Thomas-Christen entstanden. Auch wirtschaftlich steht der Bundesstaat Kerala mit seinen rund 30 Millionen Einwohnern gut da, wie der Geistliche mit Lichtbildern untermauerte. Tee- und Gewürz-Plantagen sind kennzeichnend für diesen Bundessaat. Nach der Schilderung des Pfarrers komme das auch aus der für Indien relativ hohen Lebenserwartung in Kerala von durchschnittlich 73 Jahren (ganz Indien nur 64 Jahre) zum Ausdruck. Verheerend in Kerala war, wie mit vielen Aufnahmen gezeigt, die große Flutkatastrophe im Vorjahr.
Obwohl gesetzlich verboten, geht das Kasten-Wesen nur langsam zurück, erwähnte der Vortragende. Eine große Leistung hat Hermann Gundert, der Großvater von Hermann Hesse, in Kerala vollbracht, der die Bibel in die Regionalsprache Malayalam übersetzt hat. Er könne daher als der Luther der dortigen Christen genannt werden. Mit Fotos aus der „Film-Industrie“, von religiösen Festen, von herrlichen Landschaften, vom gefährlichen Straßenverkehr und aus seinem familiären Umfeld schloss Dr. Josy Joseph seinen fundierten Vortrag.